Datum
02.10.2024
Titel
Stellungnahme des Bundesverbandes Pflegemanagement zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Pflegekompetenz (Pflegekompetenzgesetz PKG)
Text

Vorbemerkung und Zusammenfassung

Der demografische Wandel und der steigende Pflegebedarf erfordern dringende Maßnahmen zur Sicherstellung einer guten und professionellen pflegerischen Versorgung. Der Bundesverband Pflegemanagement begrüßt, dass mit dem Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Pflegekompetenz die Rolle, die Kompetenzen und die Verantwortung der Pflegeprofession in der Gesundheitsversorgung und im Gesundheitswesen gestärkt werden soll.

Pflegefachpersonen spielen eine unentbehrliche Rolle bei der Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen pflegerischen und gesundheitlichen Versorgung in Deutschland. Der Bundesverband Pflegemanagement unterstützt die avisierten Maßnahmen, die darauf abzielen, die vielfältigen Kompetenzen von Pflegefachpersonen besser zu nutzen und ihre Rolle in der Versorgung zu stärken. Die Pflegefachpersonen in Deutschland sind hoch qualifiziert und verfügen über umfassende Kompetenzen, die bisher nicht ausreichend genutzt werden.

Insbesondere die erhebliche Erweiterung der Befugnisse von Pflegefachpersonen kann dazu beitragen, die Pflegeberufe in Deutschland weiter zu professionalisieren und die Versorgung insbesondere im Hinblick auf den demografischen Wandel zu sichern.

Der Bundesverband Pflegemanagement unterstützt zudem weiterhin die Forderung nach einer zentralen berufsständischen Vertretung der Profession Pflege auf Bundesebene und betont die Bedeutung einer geeigneten organisatorischen Infrastruktur für die Weiterentwicklung der Pflegeberufe in Deutschland. Dies wäre ein längst überfälliger Schritt, um den Pflegefachpersonen auch auf der politischen Ebene einen Stellenwert „auf Augenhöhe“ mit anderen Gesundheitsprofessionen und der Politik einzuräumen, den Sie in der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung längst schon eingenommen hat.

Der Bundesverband Pflegemanagement nimmt zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Pflegekompetenz (Pflegekompetenzgesetz – PKG), im Folgenden „PKG“ genannt zu ausgewählten Punkten zudem wie folgt Stellung.

Artikel 1 Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch

Zu Nummer 5 Buchstabe b)
Gemeinsame Verantwortung
§ 8 Absatz 3c SGB XI
Der Bundesverband Pflegemanagement hält es für wichtig, dass die maßgeblichen Organisationen der Pflegeberufe auf Bundesebene gem. § 118a SGB XI die Empfehlung zu einer systematischen und umfassenden Beschreibung der Aufgaben von Pflegefachpersonen einschließlich erweiterter heilkundlicher Aufgaben (Muster-Scope of Practice) mit wissenschaftlicher Expertise erarbeiten sollen. Der Bundesverband Pflegemanagement hält es dabei für richtig, dass nicht nur Pflegefachpersonen mit einem entsprechenden Studium erweiterte heilkundliche Aufgaben ausüben können, sondern auch diejenigen, die sich auf entsprechenden Bildungswegen in gleichwertiger Weise dafür qualifiziert haben.

Der Bundesverband Pflegemanagement regt an, in Absatz 3 klarstellend aufzunehmen, dass ebenda pflegewissenschaftliche Expertisen notwendig sind. Vor diesem Hintergrund ist Absatz (3c) wie folgt zu fassen:

(3c) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen fördert gemeinsam mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen pflegewissenschaftliche Expertisen zur konkreten Ausgestaltung der Inhalte von pflegerischen und heilkundlichen Leistungen des Fünften und Elften Buches, die durch Pflegefachpersonen gestaffelt nach Qualifikationsniveau nach Maßgabe von § 15a des Fünften Buches erbracht werden können. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und unter Beteiligung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und nach Anhörung der maßgeblichen Organisationen der Pflegeberufe auf Bundesebene nach § 118a die Dauer, Inhalte und Durchführung von Maßnahmen nach Satz 1. Die Beauftragung der Erstellung pflegewissenschaftlicher Expertisen erfolgt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit unter Beteiligung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Bei der Beauftragung der Erstellung pflegewissenschaftlicher Expertisen sowie ihrer Durchführung ist sicherzustellen, dass die Auftragnehmer die fachliche Expertise der maßgeblichen Organisationen der Pflegeberufe auf Bundesebene nach § 118a in geeigneter Art und Weise einbeziehen. Weitere geeignete Fachorganisationen können an der Erstellung der Expertisen beteiligt werden. […]

Zu Nummer 9
Amt der oder des Beauftragten der Bundesregierung für Pflege
§ 10a SGB XI
Der Bundesverband Pflegemanagement begrüßt die Stärkung des Amtes des oder der Beauftragten der Bundesregierung für Pflege. Voraussetzung für die Übernahme sollte sein, dass die Person eine hochschulisch gebildete Pflegefachperson mit Berufserfahrung - entsprechend international etablierter „Chief Nursing Officer“ - ist.

Aufgabe und Befugnis des Amtes sollte es u.a. sein, Gesetze und Verordnungen zur Pflegequalität, zum Pflegepersonal und zu Pflegestandards   - gemeinsam mit den maßgeblichen Organisationen der Pflegeberufe auf Bundesebene - mitzugestalten sowie deren Einhaltung zu überwachen.

§ 10a Absatz 1 sollte wie folgt gefasst werden:

(1) Die Bundesregierung bestellt eine Beauftragte oder einen Beauftragten für Pflege. Die beauftragte Person verfügt über pflegefachliche Kompetenzen und ihr wird für die Erfüllung ihrer Aufgabe die notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung gestellt.

Zu Nummer 13
Richtlinien zur Empfehlung von Pflegehilfsmitteln und Hilfsmitteln nach § 40 Abs. 6
§ 17a Absatz 1 Nummer 2 SGB XI
Mit der neuen Regelung werden die Befugnisse der Pflegefachpersonen durch eine noch zu fassende Richtlinie unter bestimmten Maßgaben erweitert. Dies begrüßt der Bundesverband Pflegemanagement ausdrücklich. Jedoch sollten die maßgeblichen Organisationen der Pflegeberufe auf Bundesebene (i.S.d. § 118a SGB XI) bei der Erstellung der entsprechenden Richtlinie mitwirken.

Daher wird angeregt, § 17 Absatz 1 Nummer 2 wie folgt zu fassen:

(1) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt bis zum 31. Dezember 2025 in Richtlinien fest […]

2. unter Mitwirkung der maßgeblichen Organisationen der Pflegeberufe auf Bundesebene nach § 118a über welches Qualifikationsniveau die empfehlende Pflegefachperson jeweils verfügen soll, […]

Zu Nummer 46 Buchstabe a)
Personalbemessung in vollstationären Pflegeeinrichtungen
§ 113c Absatz 2 SGB XI
Der Bundesverband Pflegemanagement sieht es als wichtigen Schritt, dass für vollstationäre Pflegeeinrichtungen die Möglichkeit geschaffen wird, hochschulisch qualifizierte Pflegefachpersonen mit überwiegender Tätigkeit in der direkten pflegerischen Versorgung bei der Personalbemessung zusätzlich zu verhandeln. Jedoch muss dies auch für über duale Pflegestudiengänge akademisch ausgebildete Pflegefachpersonen gelten sowie für Pflegefachpersonen, die berufsbegleitend ein Pflege-Studium absolvieren oder absolviert haben.

§ 113c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 ist demnach wie folgt zu fassen:

3. die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach § 1 Satz 2 des Pflegeberufegesetzes oder die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung und einen akademischen Grad aus einem dualen oder berufsbegleitenden Pflegestudium hat und überwiegend Leistungen der direkten Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringt.

Zusätzlich wird an dieser Stelle um Prüfung gebeten, wie durch ergänzende Regelungen eine verbindliche Refinanzierung – über die hiesige Verankerung der o.g. Möglichkeiten – gesetzlich sichergestellt werden kann, damit die Umsetzung in der Praxis befördert wird.

Zu Nummer 52
Maßgebliche Organisationen der Pflegeberufe auf Bundesebene, Verordnungsermächtigung
§ 118a SGB XI
Der Bundesverband Pflegemanagement begrüßt die mit dem Referentenentwurf insgesamt vorgenommene Verankerung, Stärkung und Klarstellung von Beteiligungsrechten der maßgeblichen Organisationen der Pflegeberufe auf Bundesebene. Dies ist ein weiterer notwendiger Baustein, um die Rolle, die Kompetenzen und insbesondere die Verantwortung der Pflegeprofession zu Gunsten einer zukunftsfesten guten Gesundheitsversorgung zu stärken und weiter auszubauen.

Der Bundesverband Pflegemanagement hält es dabei weiterhin für wichtig, an dem Ziel einer zentralen berufsständischen Vertretung der Pflegeberufe auf Bundesebene festzuhalten und eine solche Institution langfristig finanziell abzusichern. Die bisher avisierten Regelungen erscheinen diesbezüglich als noch nicht hinreichend.

Zu Nummer 57 Buchstabe a)
Begutachtungsverfahren
§ 18a Absatz 10 SGB XI
Die Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach § 18 SGB XI muss nach den gesetzlichen Regelungen („Vorbehaltsaufgaben“) Pflegefachpersonen vorbehalten sein. Dies muss auch im SGB XI seinen Niederschlag finden. Daher sollte § 18a Abs. 10 SGB XI wie folgt gefasst werden:

(10) Die Aufgaben des Medizinischen Dienstes werden durch Pflegefachpersonen wahrgenommen. Die Prüfung der Pflegebedürftigkeit von Kindern ist in der Regel durch besonders geschulte Gutachterinnen und Gutachter mit einer Qualifikation als Pflegefachfrau oder Pflegefachmann, als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger vorzunehmen. Der Medizinische Dienst ist befugt, den Pflegefachpersonen, die nicht dem Medizinischen Dienst angehören, die für deren jeweilige Beteiligung erforderlichen personenbezogenen Daten zu übermitteln.

Artikel 3 Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch

Zu Nummer 2
Pflegerische Leistungen und heilkundliche Leistungen durch Pflegefachpersonen
§ 15a SGB V
Der Bundesverband Pflegemanagement begrüßt, dass mit dem PKG die pflegerischen und heilkundlichen Aufgaben der Pflege als Leistung unter Beachtung der Pflegeprozessverantwortung im Rahmen der Vorbehaltsaufgaben nach § 4 Pflegeberufegesetz gesetzlich geregelt werden. In der Konsequenz sollte auch ein gesondertes Leistungsrecht entsprechend entwickelt werden. Der Bundesverband Pflegemanagement schließt sich insoweit den entsprechenden Forderungen des Deutschen Pflegerates vollumfänglich an.

Zu Nummer 4
Hilfsmittel
§ 33 Absatz 5a SGB V
Der Bundesverband Pflegemanagement begrüßt die im PKG vorgesehene Möglichkeit einer Verordnung von bestimmten Hilfsmitteln durch Pflegefachpersonen mittels Folgeverordnung und deren Gleichstellung mit einer vertragsärztlichen Versorgung. Mittelfristig sollten Pflegehilfsmittel und Hilfsmittel im Rahmen von festgelegten Handlungskompetenzen auch als Erstverordnung durch Pflegefachpersonen ausgestellt werden können.

Zu Nummer 8
Selbständige Erbringung von Leistungen durch Pflegefachpersonen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung; selbständige Verordnung häuslicher Krankenpflege durch Pflegefachpersonen, Evaluation
§ 73d Absatz 1 SGB V
Der Bundesverband Pflegemanagement begrüßt, dass das PKG vorsieht, dass in einem Rahmenvertrag nach § 73d SGB V ein Katalog pflegerischer, heilkundlicher und erweiterter heilkundlicher Leistungen erstellt werden soll. Auf dieser Basis können dann Pflegefachpersonen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung - bei Vorliegen eines entsprechenden Qualifikationsniveaus - selbständig heilkundlich tätig werden. Gemäß 73d Absatz 4 können Vertragsärzte Pflegefachpersonen mit entsprechender Qualifikation erweiterte heilkundliche Leistungen zur selbständigen Ausübung übertragen. Aus Sicht des Bundesverbandes Pflegemanagement muss es Pflegefachpersonen jedoch ohne eine Ermächtigung ermöglicht werden, erweiterte heilkundliche Leistungen auszuüben und abzurechnen. Hier sieht der Bundesverband Pflegemanagement noch Regelungsbedarf und schließt sich insoweit den entsprechenden Forderungen des Deutschen Pflegerates vollumfänglich an.

Der Bundesverband Pflegemanagement begrüßt auch an dieser Stelle, dass die maßgeblichen Organisationen der Pflegeberufe auf Bundesebene nach § 118a SGB XI in die Erarbeitung des Rahmenvertrages nach § 73d SGB V einbezogen werden.

Zurück